Das große Drinnen
Welche Rolle spielen die Räume, in denen wir leben und arbeiten, für uns und unsere Gesundheit? Um genau das zu erforschen, wendet das Well Living Labor in Rochester, Minnesota, modernste Methoden an. Wir haben uns vor Ort umgesehen.
Vor einiger Zeit besuchten ein paar Experten unseres Forschungsteams das Well Living Lab. Es war eine spannende Erfahrung, denn hier wird erforscht, wie Wohnungen, Büros und andere Innenräume unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden beeinflussen.
Der Innenraum-Effekt
Im Schnitt verbringen wir etwa 90 % unserer Zeit in Innenräumen. Da stellt sich die Frage, welche Auswirkungen das auf unseren Körper und unsere Psyche hat.
Experten der New Yorker Firma Delos, die auf Technologie und Wellness-Immobilien spezialisiert ist, sowie der Mayo Clinic in Rochester, Minnesota – laut U.S. News das beste Krankenhaus der USA – wollten wissen, was Innenräume mit uns machen. Da die wissenschaftliche Datenlage aus realen Räumen eher dürftig war, beschloss das Team, ein Simulationslabor einzurichten – das Well Living Lab.
In einem Living Lab werden für die Probanden echte Lebensbedingungen simuliert. Sie gehen ihrem ganz normalen Alltag nach. Forscher erhalten so wichtige Einblicke in die Art und Weise, wie die Probanden ihre täglichen Aufgaben verrichten und auf ihre Umgebung reagieren.
Das Lab in Rochester, das sich über den gesamten dritten Stock eines Bürogebäudes erstreckt, ist für die Anforderungen wissenschaftlicher Studien ausgelegt – hier wird die Wirkung von Innenräumen auf die menschliche Gesundheit, auf Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit untersucht, von Stress über Schlaf bis hin zur Produktivität.
In den Wänden und Böden ist modernste Technologie verbaut: Umweltsensoren und andere hoch moderne Instrumente sammeln unzählige Daten. Das Labor ist zudem extrem flexibel und kann von einem Großraumbüro in ein Hotelzimmer oder eine Etagenwohnung umgewandelt werden.
Ein innovativer Start
Der erste Projekt des 2016 eröffneten Well Living Lab hatte einen ganz praktischen Hintergrund: Das Team musste herausfinden, ob die ganze Technologie auch über einen längeren Zeitraum einwandfrei arbeitet.
Die ersten Probanden waren die Kolleginnen und Kollegen der Medical-Records-Abteilung der Mayo Clinic. 18 Wochen lang wurde ihr Arbeitsplatz in das Lab verlegt. Dabei zeigte sich nicht nur, dass die Technologie funktioniert, das Pilotprojekt lieferte auch wichtige Erkenntnisse über den Einfluss von Licht, Geräuschen und Temperatur auf Geistesarbeit.
Zunächst wurden in dem Labor dieselben Bedingungen hergestellt, die die Probanden von ihrem eigentlichen Arbeitsplatz her kannten. Nach einiger Zeit veränderten die Wissenschaftler Licht und Temperatur und beschallten die Räume mit störenden Geräuschen wie Telefongeklingel, Hintergrundgesprächen oder Mausgeklicke. Die Wissenschaftler veröffentlichten ihre Erkenntnisse in Building and Environment, einer von Experten geprüften wissenschaftlichen Zeitschrift.
Aufbau einer Fülle wichtiger Forschung
Dieser ersten Studie folgten unzählige weitere Untersuchungen im Well Living Lab, zuletzt etwa zum Thema Schlafqualität. Probandinnen nutzten das Labor an vier Tagen der Woche wie ihre eigene Wohnung. Der Raum war entsprechend zu Wohnzwecken umgebaut worden.
Wie in wissenschaftlicher Forschung üblich, musste zunächst eine Benchmark erfasst werden. Daher trugen die Probandinnen ein biometrisches Armband, bevor sie in das Labor „einzogen“. Dort wurde dann die Qualität ihres Schlafs von quasi unsichtbaren Sensoren gemessen. So wurde die Kerntemperatur des Körpers der Probandinnen von einer Pille erfasst, die sie vor dem Schlafengehen einnahmen.
Die Ergebnisse sind noch nicht veröffentlicht, eines scheint aber sicher: Temperaturregulierung ist ein Schlüssel zur Verbesserung der Schlafqualität. Eine Folgestudie wird sich mit der Frage beschäftigen, wie bestimmte Umweltfaktoren genutzt werden können, damit wir frischer und besser ausgeschlafen aufwachen.
Und was passiert aktuell im Labor? Einer der Bereiche ist als Büro gestaltet, denn die Forscher möchten wissen, wie sich die Integration sog. Biophilia in Büros auf die Menschen auswirken, die hier arbeiten.
Die Kunst des guten Lebens
Wir konnten uns selbst überzeugen: Das Well Living Lab ein hochspannender Ort. Die angewendeten Technologien befinden auf dem neuesten Stand, und die gelieferten Daten sind tatsächlich wegweisend für die Forschung.
Im übrigen gibt es im Lab-Gebäude gibt es noch etwas, das einen kaum mehr loslässt: eine fesselnde Kunst-Installation in der Lobby. Jeden Tag sind wir dorthin zurückgekehrt, um immer wieder Neues daran zu entdecken. Es war gewissermaßen Teil unserer Arbeit: Kunst zu betrachten, stimuliert das Gehirn. 🙂