Architekten und Anwohner: Austausch vor Wettbewerbsentscheidungen?
Architektenwettbewerbe – das bedeutet normalerweise, dass mehrere Büros ihre Ideen für ein Bauvorhaben entwickeln und eine Jury die Qualität bewertet. Wurden alle Vorgaben berücksichtigt, die von der jeweiligen Stadt und vom Eigentümer formuliert wurden? Welche Entwürfe bringen die entsprechende konzeptionelle und ästhetische Stärke mit, dass sie weiterverfolgt werden sollen? In der Regel erhält die Öffentlichkeit frühestens zum Zeitpunkt der Jurydiskussion einen ersten Einblick in die Entwürfe – weil viele Jurydiskussionen öffentlich ist. Vor allem für die jeweilige Nachbarschaft von Bauprojekten ist das unbefriedigend, weil zu spät: „Es wäre schön, wenn man als Anwohner schon früher eingebunden wird und seine Bedürfnisse noch einbringen kann, bevor alles beschlossen wird.“ Und ist der Wunsch nicht nachvollziehbar, gerade wenn Menschen mit ihrer Nachbarschaft verwurzelt sind und nun bauliche Veränderungen anstehen?
Einbindung vor Juryentscheidung
Wir haben in Berlin bei einem nichtoffenen, zweistufigen Workshopverfahren den in der Praxis ungewöhnlichen Weg gewählt, interessierte Bürger und auch Medienvertreter vor der Juryentscheidung einzubinden. Es handelt sich um das geplante Bürohochhaus an der Jannowitzbrücke (fast direkt an der Spree) mit dem Arbeitstitel Central Tower Berlin (CTB). Die erste Stufe des Workshopverfahrens, an der zwölf Architekturbüros teilnahmen, fand noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die zweite Stufe, in die fünf der zwölf Büros einzogen, öffnete sich dann: Jedes der fünf Büros stellte in einem gemeinsamen Event seinen Entwurf vor. Danach beantworteten die Büros den Fragen der Anwohner. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei allen teilnehmenden Architekten, die durch ihr Engagement eine solche Veranstaltung erst ermöglicht haben: Allmann Wappner aus München, Arrow aus Kopenhagen, De Zwarte Hond aus Groningen, Dorte Mandrup aus Kopenhagen und Thomas Müller Ivan Reimann Architekten aus Berlin. Die Hinweise, Ideen und Bedenken der Anwohner, die dabei aufkamen, wurden gesammelt und an die Jury gegeben – als weitere Vorgabe, die bei der Entscheidung zu berücksichtigen ist. Zentrale Punkte waren dabei, dass der Turm nicht nur Büros, sondern auch Nutzungen enthält, die dem Gemeinwohl dienen und im besten Fall öffentlich zugänglich sind. Ein weiterer Punkt betraf den Wunsch, dass ein möglichst nachhaltiges Gebäude entsteht.
Zwei Entwürfe als Ergebnis
Die Jury wählte zwei Entwürfe: Einer stammt vom Büro Dorte Mandrup. Gelobt wurde, dass eine großzügige Dachterrasse für die öffentliche Nutzung entsteht. Ebenso stach die großzügige Öffnung der Sockelgeschosse mit einer an allen vier Seiten fast durchgängig umlaufenden Kolonnade und mit großzügigen, teils mehrgeschossigen Innenräumen hervor. Dies inszeniere das Angebot öffentlicher Nutzungen wirkungsvoll. Der zweite Entwurf, der ranggleich mit dem ersten in die weitere Bearbeitung geht, stammt vom Büro Thomas Müller Ivan Reimann Architekten. Bei diesem zweiten Entwurf wurde unter anderem das vorgeschlagene Fassadenprinzip mit raumhohen Verglasungen und plastischen, relativ breiten vertikalen Elementen gelobt, die für Photovoltaik und die Raumlüftung genutzt werden sollen.